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Zu den Dingen selbst

Intro

Die Natur und ihr Inventar

In der christlich mittelalterlichen Zeit „las man im Buch der Natur“, wenn man sich Wissen schaffend mit ihr befasste. Es gab eine feste Ordnung und die darin enthaltenen Dinge der Natur. Der Mensch dieser Zeit räumte diesen Dingen nur in soweit ein eigenes Wirken und In-Sich-Zusammenhängen ein, als es sich aus der Schöpfung im Ganzen ableiten ließ.

Keineswegs billigte man den Dingen aber eine eigene Natur zu, die vielleicht nur mit neuen, gleichsam unchristlichen Mitteln zu erschließen war und vom Inhalt her dem Bild einer göttlichen Schöpfung widersprach (die Inquisition passte schon darauf auf! Der Mittelpunkt der Schöpfung drohte ja im 17ten Jahrhundert durch einen neuen Blick auf die Himmelsmechanik verschoben zu werden und dem Interpretations-System der kirchlich organisierten Wissenschaft drohte zumindest eine ungeheuere Relativierung.
Heute fragen wir uns: Wie genau ist die jeweilige Sache beschaffen, wie ist ihr Zusammenhang, wie funktioniert sie, damit ich sie nachbilden, nachbauen kann. Unter welchen Bedingungen entstehen bestimmte Dinge und unter welchen verschwinden sie wieder? Darum ging es dem Menschen des christlichen Zeitalters weniger. Die Beschaffenheit der Dinge schien festzustehen. Sie drückte den Plan Gottes aus, den man im wesentlichen zu kennen glaubte und der sich in bestimmten universalen Gesetzen mustergültig zum Ausdruck brachte. Forschung war also eine Art von Inventur machen in einer Schöpfung, die so groß war, dass man noch nicht alles darin kennen konnte.

Hin zu den Dingen selbst – die Versuchung in der Neuzeit

In der Wende zur Neuzeit und mit dem Entstehen der Naturwissenschaft, war man nun aber versucht, den Dingen selbst und ihren inneren Zusammenhängen eine Bedeutung zu geben, mit der Konsequenz, von einem alten Bild der Wirklichkeit wegrücken zu müssen, das von einer Wirklichkeit erzählt, die nur auf einer einzigen, von Gott gegebenen Ordnung, aufgebaut ist. Giordano Brunos Idee von den unendlich vielen Welten bringt die Brisanz dieser Versuchung vielleicht am besten ins Bild: Man konnte sich im Geiste seiner Ideen fragen, ob wir nicht vielleicht von mehreren, ganzheitlichen Ordnungsmustern in der Welt ausgehen sollten, die gleichsam nebeneinander existieren und dennoch in der einen unendlichen Wirklichkeit ihren Auftritt haben, in der auch wir leben und uns Gedanken über die Dinge machen.